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Kommentar

Zur Glaubwürdigkeit der zahnärztlichen Fortbildung

In der Satiresendung 'ZDF Magazin Royale' hatte sich der Entertainer und Moderator Jan Böhmermann in der Folge vom 8. März 2024 die Zahnärzteschaft gründlich vorgenommen. Im Fokus der Late-Night-Show stand die vermeintliche Geschäftemacherei von niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzten. Als Beleg für die mutmaßliche Profitorientierung der Dental Professionals hatte Böhmermann unter anderem die von ihm so bezeichnete 'Cash-Cow' PZR auserkoren sowie die Frage nach der Sinnhaftigkeit kieferorthopädischer Behandlungen.

Fortbildungen auf dem Prüfstand

Der dritte und größte Kritikpunkt Böhmermanns galt indes dem Thema Fortbildungen für Zahnärzt:innen. Hier witterte der Satiriker zum einen mögliches Beweismaterial für den ausgeprägten Geschäftssinn manch Praxisinhabender. Er warf zudem die Frage auf, wer so alles an der Continuing Medical Education (CME) mitverdient – unseriöse Angebote inklusive.

Bekanntermaßen verpflichtet das Berufsrecht Vertragszahnärzt:innen, sich regelmäßig fortzubilden. Alle fünf Jahre ist dies anhand der dabei erworbenen CME-Punkte (insgesamt 125 Punkte müssen es sein) gegenüber der zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung nachzuweisen. Dies soll dazu beitragen, dass die gleichbleibende Qualität der zahnmedizinischen Versorgung für alle Patient:innen gewährleistet ist.

Wer entscheidet, mit wie vielen Punkten eine Fortbildung zertifiziert wird, ist eigentlich klar geregelt: "Die Punktewertigkeit der Fortbildung richtet sich nach der Bewertung der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK). Der Nachweis über die Fortbildung kann durch Zertifikate der Zahnärztekammern erbracht werden. Andere Zertifikate müssen den Kriterien entsprechen, die die BZÄK aufgestellt hat", ist etwa auf der Website kzbv.de nachzulesen.

Wer reguliert den Fortbildungsmarkt?

Doch, wie klar ist diese Regelung tatsächlich? Wer überprüft die Sinnhaftigkeit oder Seriosität von Fortbildungs- oder anderen Weiterbildungsangeboten? Wer entscheidet, ob und wie viele CME-Punkte eine Fortbildung wert ist? Und wie ist es überhaupt mit der Neutralität, also der Unabhängigkeit von der Industrie, bestellt?

Die Böhmermann-Sendung legt nahe, dass der prosperierende Markt der zahnmedizinischen Fortbildung mitunter wunderliche Blüten treibt. So präsentierte der Satiriker Seminar-Beispiele, die offenbar darauf abzielten Zahnärzt:innen nicht hinsichtlich der qualitativ hochwertigen Behandlung von Patienten zu schulen, sondern im Verkauf von Selbstzahlerleistungen. In den Fortbildungskalendern der Zahnärztekammer Hamburg und der Bayerischen Landeszahnärztekammer fanden sich demnach etwa CME-Fortbildungen mit Titeln wie 'Face Mapping' oder 'Verkaufsförderung'. Diese seien inzwischen allerdings still und leise von den betreffenden Websites verschwunden.

Damit gab sich Böhmermann jedoch nicht zufrieden und legte nach mit dem Ziel, das System vollends zu entlarven. So war es offensichtlich bisher problemlos möglich, ohne jegliche fachliche Prüfung Angebote eigenständig in die Online-Fortbildungskalender von Landeszahnärztekammern einzutragen und für diese sogar CME-Punkte bewilligt zu bekommen, selbst zu nächtlicher Stunde. Wer hätte gedacht, dass Fake-Seminare zu "Asbest-Implantaten", "Lippenhypnose" oder Parodontitis-Prävention mithilfe von Heilsteinen vier oder gar sechs Fortbildungspunkte einbringen können?

Böhmermanns Recherchen haben dem lukrativen Markt für zahnmedizinische Fortbildungen einen ordentlichen Hieb versetzt. Umso erstaunlicher ist der Umgang von Kammern und Co. mit der Causa Böhmermann. Bis heute ist der 'Dental Marketing'-Redaktion keine öffentliche Stellungnahme bekannt geworden. Krisenkommunikation geht anders, meinen wir. Zumindest ein großer Teil der Branchenöffentlichkeit ist sich längst einig, dass beim Umgang mit Fortbildungen für Zahnmediziner:innen Handlungsbedarf besteht. Indes haben die Akteure der Selbstverwaltung die Gelegenheit verpasst rechtzeitig Stellung zu beziehen und damit ihre Glaubwürdigkeit zu wahren.

Und noch einmal zu Erinnerung: Regelmäßiges Fortbilden soll die Behandlungsqualität im Sinne des Patienten gewährleisten. Inwiefern aber profitiert der Patient, wenn seine Zahnärztin ein mit acht Punkte belohntes Seminar zu 'Selbstmanagement für Zahnärzte' besucht? Oder, was hat die Patientin davon, wenn ihr Zahnarzt sich fünf CME-Punkte mit einer Fortbildung zum Social-Media-Profi sichert?

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